Über die Schwierigkeit, den richtigen Anfang zu finden.

Beim Stöbern in meinem Schreibtisch (der übrigens dringend aufgeräumt werden müsste), habe ich die allerersten Anfänge meines ersten Romans entdeckt, die sich doch ziemlich von der endgültigen Fassung unterscheiden.

Da ich gerade an Roman Nummer Zwo arbeite, habe ich den Fund zum Anlaß genommen, um mir den Anfang meines aktuellen Projektes noch einmal vorzuknöpfen und siehe da: so schlimm kommt er mir diesmal gar nicht vor. Anscheinend habe ich doch einiges dazugelernt. Zumindest kein seitenlanger Infodump. Prima. Mein nächster Gedanke war dann eher grundsätzlicher Natur: Welche Möglichkeiten für den Einstieg in eine Geschichte stehen mir denn überhaupt zur Verfügung?

Ich als Leser mag es, wenn ich die Figuren gleich in Aktion kennenlerne. Als Autor kann ich meine Figuren eine für sie typische Handlung ausführen lassen und dadurch die wichtigsten Aspekte ihres Charakters einfach zeigen. Somit wäre die Gefahr des reinen Erzählens bzw. Behauptens schon mal gebannt.

Hier ein paar Überlegungen dazu:

  • Ich könnte meine Figuren in einer Szene einführen, in der sie in einer typischen Situation gezeigt werden. Zum Beispiel: bei den Vorbereitungen für einen Raubzug, bei der Heimkehr von einem Raubzug und der Begrüßung daheim oder bei der Siegesfeier nach einem geglückten Raubzug.
  • Oder ich verpacke eine der soeben angerissenen Szenen in einen Dialog, in dem die Figuren sich z.B. über die Verteilung der Beute streiten.
  • Eine dritte Möglichkeit (die ich persönlich nicht so passend fände, aber der Vollständigkeit halber aufführen möchte) wäre, mit einer Beschreibung der Hauptfigur zu beginnen, in dem ich besonders aussagekräftige Details ihres Aussehens beschreiben könnte.
  • Wie könnte der Anfang aussehen, wenn ich sie in einer typischen Alltagssituation zeigte, in der ich sie einen inneren Monolog führen lasse? Vielleicht hat meine Hauptfigur Gewissensbisse, wegen des letzten Raubzuges?

So viele Möglichkeiten, wie soll ich mich da entscheiden? Wenn ich auf absolut keinen grünen Zweig komme, könnte ich es einfach mal mit verschiedenen Einleitungen versuchen. Wie wär’s mit 1. (Handlung), 3. (Beschreibung) und 4. (Innerer Monolog)? Danach sehe ich vielleicht, welcher Anfang mir am besten gefällt oder am besten für die Geschichte funktioniert. Der Anfang und dabei vor allem der erste Satz sind bei mir sowieso die am öftesten umgeschriebenen und überarbeiteten Teile eines Manuskripts. Da lohnt sich das bisschen Mehrarbeit für mich auf alle Fälle, wenn ich dafür ein wenig mehr Material zum Ausprobieren zur Verfügung habe, bis ich mit dem Ergebnis endlich zufrieden bin.

Was ich aber auf keinen Fall machen sollte (was mir aber auch schon passiert ist): Vor einem weißen Blatt Papier sitzen und stundenlang über den perfekten Anfang grübeln. Funktioniert bei mir nicht. Dann doch lieber stinklangweilig anfangen, als überhaupt nicht, und dann am Schluß den Anfang überarbeiten.