So ein Malheur aber auch: Erzählstimme verloren! Wie finde ich sie wieder?

Ich lese gerne Schreibratgeber. Sehr gerne. Nachdem mein Erstling eher zufällig das Licht der Romanwelt erblickt hat, weiß ich die Tipps aus diversen Ratgebern oder aus einigen Schriftstellerforen, sehr zu schätzen. Zu viel Mühe hat mich die Überarbeitung gekostet. Zu viele Fehler habe ich gemacht, die ich leicht hätte vermeiden können. Und deshalb lese ich wirklich gerne Schreibratgeber.

ABER …

leider lauert mittlerweile in jedem Schreibratgeber, den ich lese, aber auch immer die Gefahr, dass er mich zunächst einmal total verwirrt und in dem Bemühen, alles besonders korrekt zu machen, ich meine eigene Erzählstimme zwischen wohlgemeinten Schreibtipps verliere. Was mir vorher in meiner Naivität nicht schwer viel, bereitet mir jetzt manchmal doch einige Mühe: das unbeschwerte Fabulieren.

Ist mir erst letztens passiert, als ich eine äußerst interessante Ausschreibung für eine Anthologie entdeckt habe und dafür unbedingt eine Kurzgeschichte schreiben wollte. Ein Geistesblitz durch Musenkuss, d.h. flugs an den Rechner gesetzt, eine neue Datei geöffnet und … nichts … gewartet … nichts. Mist. Die Idee war da, aber die Finger weigerten sich, sie aufzuschreiben. Doppelmist.

Für diesen Fall habe ich aber folgendes Notfallprogramm entwickelt: Einfach mal draufloserzählen!

Ich habe mich mit meinem Notizbüchlein (das ich natürlich überallhin mitnehme) gemütlich aufs Sofa gesetzt, mir einen leckeren, heißen, viel zu süßen Tee gekocht und mir vorab aufgeschrieben:

  • Wem möchte ich etwas erzählen? (Zum Beispiel meiner besten Freundin.)
  • In welcher Situation erzähle ich es? (Bei einem netten Mädelsplausch in der Eisdiele.)
  • Und natürlich, worüber möchte ich etwas erzählen? (Die geplante Kurzgeschichte.)

Ganz wichtig ist nun, dass ich erst einmal alles vergesse, was ich in den verschiedenen Schreibratgebern gelesen habe (aber um Himmels Willen nur nicht komplett aus dem Gehirn löschen; das angelesene Wissen wird spätestens bei der Überarbeitung dringend benötigt) und fröhlich drauflosschreibe – in Alltagssprache – mit „Ähm“ und „Tzst“ und „Und dann … und dann“ und „Ach und Ooooch“. Es darf ruhig chaotisch werden, es müssen keine ausformulierten ganzen Sätze sein. Das Ziel ist es, locker zu werden und wieder Spaß daran zu haben eine Geschichte zu erzählen, ohne ständig daran denken zu müssen, ob dieser oder jener Satz auch formvollendetet ausformuliert ist. Bist jetzt hat diese Methode bei mir immer geklappt und der Knoten im Kopf hat sich gelöst.