Letztens beim Einkaufen bin ich doch tatsächlich einer Bekannten begegnet, die mich (von sich aus) auf meine Schreiberei angesprochen hat. Und was soll ich sagen? Die Verwirrung, die meinen Bekanntenkreis erfasst und die ich schon in Teil 1 kurz erwähnt habe, ist auch bei dieser Begegnung aufgetreten:
„Hallo Bianca, ich habe letztens den Artikel über dich in der Zeitung gelesen.“
Als Autorin habe ich mich natürlich gefreut, dass der Artikel bemerkt worden ist. Aber da ich auch etwas schüchtern bin, macht mich die Aufmerksamkeit doch etwas verlegen, weil ich eigentlich nur ein paar Äpfel kaufen wollte.
„Oh. Hallo, Karin*.“
„Ja, sag mal, Bianca. Was schreibst du denn so überhaupt?“
„Tja, Fantasy halt. Ein bisschen spannend, ein bisschen romantisch, ein bisschen humorvoll.“
„Ach neeee. Fantasy, das ist doch nur was für Kinder. So was lese ich nicht.“
Ich hab dann meine Äpfel geschnappt und bin zur Kasse geeilt, weil ich einfach nicht wusste, wie ich darauf reagieren sollte.
Wenn jemandem dazu was einfallen sollte: Ich bin für Vorschläge dankbar und beim nächsten derartigen Vorfall dann vielleicht nicht ganz so sprachlos. (* Ach ja: den Namen habe ich geändert.)
Zu Hause habe ich mir dann schon Gedanken gemacht. Das Ergebnis meiner Nachdenkerei ist jetzt der zweite Teil meiner kleinen Serie über Fantasy-Literatur.

Einhorn auf einer Medaille von Pisanello, ausgestellt 2001 in der National Gallery of Arts.
Wenn ich mir die geschichtliche Entwicklung der Phantastischen Literatur bis heute so anschaue, dann wundert mich diese rigorose Ablehnung der Fantasy schon etwas. Schließlich lasse sich die Anfänge bis zu den Mythen und Legenden, Märchen und Göttersagen zurückverfolgen (worauf mich auch eine liebe Leserin aufmerksam gemacht hat – danke Bettina). Übernatürliche und magische Elemente in Erzählungen sind keine neue Erfindung. Und wer möchte bestreiten, dass die Motive in römischen, griechischen oder nordischen Heldenerzählungen fantastischer Natur sind?
Und wenn ich mir die etwas modernere Literatur ansehe, gibt es bereits in Romanen des 18. und 19. Jahrhunderts phantastische Elemente.
Edgar Ellen Poe, Jules Verne oder Mark Twain sind doch durchaus respektable Vorläufer, bis dann ca. um das Jahr 1960 die moderne Fantasy-Literatur geboren wird.
Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts haben Schriftsteller wie J.R.R. Tolkien , Marion Zimmer-Bradley, J.K. Rowling oder Georg R.R. Martin die Fantasy-Literatur populär gemacht, geprägt, sie stetig verändert, neu interpretiert oder weiterentwickelt. Fantasy-Verfilmungen wie „Herr der Ringe“ oder „Harry Potter“ haben auch dazu beigetragen, das Genre „Fantasy“ zu verbreiten.
Eine schöne, lange Ahnenreihe und meiner Ansicht nach, ist es deshalb umso bedauerlicher, wenn ich dann Aussagen zu „Fantasy“ zu hören bekomme, das sei doch nur „Jugendliteratur“ oder „triviales Geschreibsel“. Vor allem werden solche Vorurteile der Intension mancher Fantasy-Romane nicht gerecht, die durchaus zum kritischen Nachdenken über unsere Gesellschaft anregen wollen oder Missstände anprangern und zudem auch noch gut geschrieben sind. (Mein Lieblingsbeispiel: Terry Pratchett)
Trotzdem scheint die Fantasy unter einem schlechten Image zu leiden, wenn ich mir die Gesichter (mit dem verkrampft mitleidigen Lächeln) mancher Bekannten ansehe, denen ich erzähle, in welchem Genre ich schreibe (korrigiert mich, wenn ich mich irre).
Woran könnte das liegen? Ich wäre dankbar, wenn mir das mal jemand genauer erklären könnte.
Ich könnte mir vorstellen, dass viele in Fantasy-Literatur nur eine Art Flucht aus der Realität sehen (obwohl man das genauso historischen Romanen oder Liebesromanen vorwerfen könnte). Warum also dieses Missachten der Fantasy? (Ich glaube, beim nächsten Mal, wenn mir jemand sagt, er findet Fantasy „blöd“, bin ich so mutig und frage einfach mal genauer nach.)
Nur weil mir das Lesen (und Schreiben) von Fantasy einfach nur Spaß macht, ich in andere Welten eintauchen kann, ich mich durch spannende und mitreißenden Erzählungen gut unterhalten fühle, heißt das doch noch lange nicht, dass ich vor gesellschaftlichen Problemen der realen Welt die Augen verschließe.
Für alle Interessierten gibt es hier auch noch zwei Links zum Vertiefen:
Wikipedia über Fantasy (https://de.wikipedia.org/wiki/Fantasy) oder bei der
Phantastik-Couch (http://www.phantastik-couch.de/fantasy.html)